JANINE EGGERT

Very Large Array



Wir nähern uns dem Gelände über eine Bergkette. Die Ebene ist eine Senke, auf der außer diesen Monolithen nichts weiter steht. Wir verlassen die Natur, in der wir die Nacht verbracht haben, und reisen in die Zukunft, die schon Vergangenheit ist. Obwohl wir die Bauten sofort von weitem auf der Ebene stehen sehen, dauert die Fahrt dorthin. Das Tal ist so weit und flach, daß wir schon sehen können, wo wir in einer Stunde sein werden. Die Straßenführung ist umständlich. Wir fahren auf dem Highway, der einmal quer über die Ebene führt, dann biegen wir, in der Mitte von allem, links ab – an dieser Stelle können wir schon ganz dicht an den Antennen sein – und fahren auf einer Zufahrt fast wieder an dem Gelände vorbei, bevor wir dann doch rechts abbiegen und auf die ersten Bauten zu steuern. Es ist eine Ansammlung von flachen Häusern und großen Hallen dahinter. Dazwischen sehen wir immer wieder die weißen Spiegel stehen. Ein paar Autos parken vor dem Haupthaus. Aus dem Kofferraum des einen hängt schlaff der Kopf eines Hirschen mit einem prächtigen Geweih. Im Innern des Besucherzentrums ist es ganz hell und still. Wir hören die Klimaanlage. Plakate, lose Zettel hängen im Flur an den Wänden. Es gibt einen Vorführraum mit gepolsterten Stühlen. An der Innenseite der Tür klebt eine Notiz, daß die Vorführung zwei Minuten, nachdem man die Tür geschlossen hat, beginnt.
Draußen ist es hell und heiß. Auf einem Pfad werden wir zu einer der Parabolantennen geführt. Wir schauen sie uns genauer an. Auf einer 36 Kilometer langen Achse aus Schienen, die sich einmal über die Ebene erstreckt und fast orthogonal den Highway kreuzt, sind 27 Parabolantennen aufgereiht. Der Durchmesser eines Antennenspiegels ist 25 Meter. Der Abstand zwischen den Antennen ist flexibel. Große, rote Krananlagen, die auf den Schienen fahren, können die Module in eine andere Aufstellung bringen. Vier Anordnungen gibt es, die die Form eines Ypsilons haben und die die Radioteleskope immer wieder turnusmäßig einnehmen. In der A-Konfiguration stehen die Antennen genau 36 Kilometer auseinander, in der D-Konfiguration, der kleinsten, stehen sie im Umkreis von nur einem Kilometer zusammen.
Janine Eggert